Montag, 14. Dezember 2015

Fahren im Winter

Zur aktuellen Jahreszeit ein kleiner Ratgeber für all diejenigen, die auch im Winter nicht auf ihr Motorrad verzichten können oder wollen. Besonders den frisch gepackenen Motorradfahrern, die ihren ersten Winter vor sich haben und mit dem Gedanken spielen auch bei Temperaturen um 0°C ihren Hintern auf den Sattel zu schwingen, möchte ich ein paar Tipps auf den Weg geben und eigene Erfahrungen weitergeben.

Im zusammenhang mit diesem Beitrag ist auch Rainers Ratgeber Herbstzeit = (Selbst-)Unfallzeit zu empfehlen. "Fahren im Winter" soll als Ergänzung für die eisigen Tage dienen und anhand von Videomaterial das ganze veranschaulichen. ;-)

Kleidung

Alles steht und fällt mit der richtigen Kleidung. So wie man sich vor einem möglichen Sturz mit Protektoren schützt, schützt man sich im Winter vor der Kälte. Diese ist bei winterlichen Temperaturen auf dem Motorrad nicht zu unterschätzen. Steifgefroren auf dem Sattel sitzen sinkt die Fähigkeit schnell zu reagieren. Darum empfehle ich als unterste Schicht Termounterwäsche. Die meisten Motorradjacken- und Hosen verfügen über ein herausnehmbarers Futter und eine wasserdichte Membran. Beides sollte verwendet werden um Wind und Kälte abzuhalten. Am Oberkörber sind mehrere Schichten nach dem Zwiebelprinzip ratsam. Einlegesohlen mit wärmereflektierender Schicht und Winterhandschuhe verstehen sich von selbst. Zusätzlich zu warmen Handschuhen empfehle ich eine Griffheizung. Für mein Kälteempfinden reicht das.

Wer es gerne noch wärmer mag, greift auf beheizbare Sohlen, Handschuhe und weitere Kleidungsstücke zurück. Inzwischen gibt es eine beachtliche Auswahl im Fachhandel. Ob man dabei auf Boardnetz- oder Akkubetriebene zurückgreift, bleibt jedem selbst überlassen. Die Stromversorgung über das Boardnetz bietet den Vorteil einer langen Betriebszeit. Zudem sind Akkus empfindlich gegen Kälte. Dafür bieten sie auch warme Hände, Füsse usw. in der Pause, abseits des Motorrads.


Fahren bei Eis und Schnee

Grundsätzlich gilt: Sicherheit hat Vorrang! Bei nicht geräumten Strassen oder Zweifel das Motorrad tunlichst in der Garage stehen lassen. Die eigene Gesundheit wird es dir danken.
Nun gibt es aber gerade in unseren Breitengraden über die Wintermonate genug Tage, an denen die Strassen trocken und geräumt sind. Und genau um diese Tage geht es im Folgenden.


Trotz Temperaturen über 0°C Eis auf der Fahrban

Trotz Sonne und Temperaturen über dem Gefrierpunkt ist Vorsicht geboten. Gerade an schattigen Stellen und bei Brücken kann sich eine Eisschicht bilden. Schmelzwasser von Schnee am Fahrbandrand ist die häufigste Ursache für solche heiklen Stellen. Aber auch andernorts kann Eis entstehen oder Schnee liegenbleiben, trotz Plusgrade. Das liegt daran, dass beim Schmelzen von Eis und Schnee Wärme benötigt wird, die der Umgebungsluft entzogen wird. Ausserdem kann bei trockener Luft Wasser verdunsten. Verdunstungskälte entsteht und selbst bei Temperaturen von +4°C oder vereinzelt auch mehr, verlangsamt sich der Prozess und der Schnee bleibt länger liegen. Wie das befahren einer solchen Stelle enden kann, zeigt das folgende Video, welches ich auf Yotube gefunden habe:




Vorausschauend fahren

Was in den warmen Monaten gilt, gilt im Winter um so mehr. Vorausschauend fahren! Und natürlich muss auch die Geschwindigkeit angepasst werden. Ich selbst habe eine ähnliche Situation erlebt, bei der plötzlich Schnee auf der Fahrban war. Zwar hätte ich bei einer Eisfläche wie im obigen Video die Ténéré mit Sicherheit auch hingelegt, aber je langsamer man ist, um so geringer der Schaden am Fahrer und am Motorrad.



Richtig reagieren

Wie verhält man sich aber, wenn man plötzlich rutschigen Untergrund unter den Rädern hat?
Wichtig ist im Winter ein schnelles auskupeln und behutsames einkupeln. Im Obigen Fall vor der erkennbaren heiklen Stelle Bremsen, auskupeln und rollen lassen. Bremsmanöver sind auf solchem Untergrund äusserst schwierig. Auch mit ABS! Damit ein ABS funktioniert wird Grip benötigt und der ist auf Eis nicht gegeben. Schlimmstenfalls "regelt sich das ABS zu Tode", ohne, dass das Motorrad langsamer wird. Im Gegensatz zum Sommer, muss man sich im Winter zudem angewöhnen mit der Hinterradbremse zu arbeiten. Aber auch hier ist ein behutsames Vorgehen angesagt.Was passiert, wenn man mit der hinteren Bremsen etwas zu fest zupackt, sieht man im folgenden Video.




Sofort beginnt das Heck des Motorrad ein Eigenleben zu entwickeln. Wobei ich diesen Ausbrecher mit Absicht verursacht habe um zu sehen wie glatt es denn wirklich ist. Etwas erschrocken bin ich dann trotzdem. ;-) In einem solchen Fall muss die Bremse sofort gelöst werden, denn nur ein rollense Rad hat Grip. So oder so, fahren auf rutschigem Untergrund erfordert etwas Übung und hier sind Endurofahrer klar im Vorteil.

Spurrillen

Liegt streckenweise Schnee auf der Strasse, hat man grundsätzlich mehr Grip an der Stelle die noch nicht durch Autos plattgefahren wurde. Unter dem Schnee oder Schneematsch verstecken sich aber gerne Spurrillen die kaum zu sehen sind. Gerät das Motorrad in eine solche Spurrille, ruhig bleiben und nur wenn nötig behutsam gegenlenken. Die Räder werden sich je nach Tiefe nicht aus der Rille lenken lassen. Wenn möglich einfach in der Rille bleiben bis ein Verlassen gefahrlos möglich ist.




Das "Füsseln"

Ein weiterer, oft begangener Fehler, sowohl auf Schotter wie auch im Schnee ist das "Füsseln". Sobald ein Motorrad rollt, gehören beide Füsse auf die Fussrasten. Ein Abstützen während der Fahrt ist unmöglich und bringt nur Unruhe ins Fahrwerk. Zudem braucht man gerade bei losem Untergrund die Hinterradbremse. Ich habe selbst schon den Fehler begangen und hatte die Füsse unten. Darum konnte ich nicht rechtzeitig, vor der glatten Stelle bremsen sondern erst als ich schon beide Räder drauf hatte. Was dann passiert, kann man gut im folgenden Video sehen.




Nochmal Glück gehabt. Das hätte auch ins Auge gehen können! ;-)

Notfalls umdrehen

Alle gezeigten Videos sollen veranschaulichen, was einen Motorradfahrer im Winter erwarten kann. Hat man Zweifel eine verschneite, glatte Stelle sicher zu passieren, sollte man umdrehen und sich einen anderen Weg suchen. Spätestens wenn der weitere Strassenverlauf wie im unteren Bild nicht zu erkennen ist, sollte man sich gut überlegen ob man weiterfährt. Ein Wenden kann auf solchem Untergrund schwierig werden.



Spikes und Ketten

Spikes mach in unseren Breitengraden kaum Sinn. Zudem hat man mit ihnen einen schlechten Grip auf schnee-, bzw. eisfreiem Asphalt. Darum werde ich hier nicht weiter darauf eingehen. Eine Alternative für verschneite und eisige Passagen sind Schneeketten. Zwar habe ich selbst noch keine ausprobiert da unsere Winter bis jetzt eher mild waren und sich die Investition darum kaum lohnen würde, aber es gibt div. Videos auf Youtube in denen ein halbwegs sicheres Vorankommen im Schnee machbar scheint.




 

 

Fazit

Wer richtig gekleidet im Winter aufs Motorrad steigt und sich den veränderten Bedinungen anpasst, kann auch die kalte Jahreszeit auf zwei Rädern geniessen. Anbei ein paar Impressionen vom letzten Winter.

-Matz-